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Odenwälder Zeitung vom 01.08.2016

FÜRTH. Drei Tage lang wurde in Fürth zum dritten Mal das Steinbachwiesen Open Air gefeiert; das Wetter spielte mit – ebenso wie die unterschiedlichen Bands aus allen Musikrichtungen. So brachte am Samstag zunächst die südhessische Punkrockband White Sparrows das gefüllte Gelände schon nach dem ersten Lied zum Feiern und Tanzen.

Ihr Musikstil ist geprägt von diversen Künstlern, unter anderem Johnny Cash, den Stray Cats oder Social Distortion, und verpackt mit rockigen Tönen manche ernsthafte Gesellschaftskritik. So spielten sie unter anderem aus ihren beiden Alben „Sound der Generation“ und „Helden uns’rer Zeit“ auch die beliebten Titelsongs, bei denen sofort viele – oft headbangend – mitsangen. Mit neuem, frischen Punkrock, der sich inhaltlich für Freiheit und Toleranz einsetzt, bereiteten die White Sparrows stimmungsvoll die Bühne für Stahlzeit.

In der Umbauphase waren viele begeisterte Stimmen – nicht nur von eingefleischten Fans – zu hören, die allesamt ganz angetan waren von einem modernen Punkrock, der viele verschiedene Stilelemente zu einem eigenen Sound verarbeitet und dabei noch eine ganz klare Botschaft transportiert.

Jetzt warteten aber alle gespannt auf den Auftritt von Stahlzeit, der nicht nur für deutschlandweiten Besuch auf dem Steinbachwiesen Open Air sorgte, „denn ich bin für diesen Abend extra aus der Schweiz angereist“, erzählte eine Besucherin schon ganz aufgeregt. Immerhin wird Stahlzeit als eine der besten Tribute-Bands von Rammstein gehandelt und tourt im Jahr mit 80 Konzerten zumeist in großen Arenen, die immerzu komplett ausverkauft sind. „Wir sind auch wirklich ganz stolz, dass wir die Zusage für unser Festival von ihnen bekommen haben, denn im Verhältnis sind wir ja ein recht kleines Festival“, freut sich der Hauptorganisator des veranstaltenden FC Fürth, Kurt Schmitt.

Die Pause überbrückten die vielen Besucher mit den zahlreichen und gut organisierten Angeboten von Bratwurst über kühle Getränke bis hin zu exotischen Cocktails. Auch hier waren Szenen zu erleben, wie sie sich so wohl nur auf einem Festival ereignen, fürchtete sich eine Frau um ihr Gehör und tadelte ihren Mann, der die Ohrstöpsel im Auto hatte liegen lassen. Sie bekam als Antwort eines völlig Fremden: „Tempos tun es auch – und in der größten Not auch Zigarettenfilter“, während er ihr in Ermangelung von Taschentüchern ganz hilfsbereit seine Schachtel Zigaretten entgegenstreckte.

Schon war das Lachen groß und einer gemeinsamen Feier der Festivalgemeinde, in der sich überall ähnliche Dinge abspielten, stand nichts mehr im Weg, denn Hilfsbereitschaft – sei sie auch mehr oder weniger zielführend – wird von den Festivalbesuchern immer ganz großgeschrieben.

27 Songs in zwei Stunden

Die kurze Wartezeit wurde schon vom ersten Takt des Liedes „Sonne“ an belohnt, verschlug die imposante Pyro-Show, gepaart mit einem lauten Knall und perfekt abgestimmter Lightshow, schon nach wenigen Sekunden den Besuchern die Sprache. Die Hitze der Flammen war noch bis an den hinteren Rand des Geländes deutlich spürbar und nötigte allen Respekt für die Künstler ab, die direkt neben den heißen Effekten über zwei Stunden lang alles gaben.

Über ganze 27 Lieder hinweg glich visuell kein Song dem anderen, wurde jedes Stück immer wiedervon neuen, kreativen Flammeneffekten, Licht und Nebel passend begleitet. So sprühten Funken und Flammen nicht nur aus der Gitarre, sondern gerne auch – mittels Spezialkonstruktionen – aus Händen und Mund von Frontmann Heli Reißenweber, der Rammstein-Sänger Till Lindemann nicht nur vom Gesang, sondern auch vom Aussehen her zum Verwechseln ähnlich ist.

Spätestens nach vier Liedern waren auch Besucher zu sehen, die zuvor ihre Skepsis bekundeten, da sie eigentlich nur Metal hören, jetzt aber bei „Sehnsucht“, „Mein Teil“ und „Mein Herz brennt“, völlig in der Musik angekommen, durch die Menge tanzten. Auch die Frau, die sich zuvor um ihre Ohren gesorgt hatte, brüllte, hüpfend und jubelnd, auf Nachfrage, wie es denn dem Gehör ginge: „Das ist mir so egal!“

Ganz nah dran am Original

Stahlzeit bediente in über zwei Stunden nicht nur alle Geschmäcker, indem sie eine bunte Mischung aus den Rammstein-Alben „Mutter“, „Liebe ist für alle da“, „Sehnsucht“, „Rosenrot“, „Herzeleid“ und „Reise, Reise“ spielten, sondern sorgten mit ihrem Bühnenauftritt für ein unvergessliches und empfehlenswertes Konzerterlebnis. Selbst eingefleischte Rammstein- Fans konnten hier kaum einen Unterschied zum Original ausmachen. War dieser Abend mit White Sparrows und Stahlzeit allein aus musikalischer Sicht überaus gelungen, so lässt sich ein Trend leider nicht verleugnen, der die Atmosphäre bei Konzerten etwas trübt und verständlich macht, warum viele große Bands mittlerweile darum bitten, auf den Gebrauch von Handys zum Filmen zu verzichten.

Filmen statt tanzen

Dies rührt weniger aus der Befürchtung, Konzertmitschnitte könnten viral gehen, sondern liegt vielmehr in dem Fakt begründet, dass die filmenden Besucher zugunsten eines wackelfreien Videos gleich Steinsäulen in der Menge stehen und das gerade live vor ihren Augen stattfindende Konzert nur durch ihren Handybildschirm beobachten, anstatt sich zu amüsieren und mitzutanzen. Sicherlich sind Stahlzeit hierfür mit ihrer atemberaubenden Show prädestiniert, jedoch sollte auch der Eindruck für eine spielende Band nicht vergessen werden, die von der Bühne herab in eine filmende, sich nicht bewegende Menge schaut. sst

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